„Pflegebedürftigkeit darf nicht zum Armutsrisiko werden“, verlangt die Vorsitzende des SoVD-Landesverbandes Berlin-Brandenburg Ursula Engelen-Kefer. „Dafür setzen wir uns für unsere Mitglieder vor den Sozialgerichten ein.“ Dies betrifft besonders Berlin und Brandenburg mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an pflegebedürftigen Menschen.
Besorgt ist der SoVD vor allem über die Neuregelung des Begutachtungsverfahrens zur Einstufung Pflegebedürftiger in die fünf dafür vorgesehenen Pflegegrade. Denn damit sind die von der Pflegeversicherung zu gewährenden Geld- und Sachleistungen verbunden. Diese decken allerdings nur einen Teil der gesamten Pflegekosten ab. Mit den steigenden Kosten für ambulante und stationäre Pflegeleistungen wächst somit das Armutsrisiko für die Pflegebedürftigen, aber auch für ihre Angehörigen. Denn diese müssen die nicht durch die Pflegeversicherung abgedeckten Kosten über- nehmen. Deshalb hält der SoVD eine Pflegevollversicherung für unverzichtbar.
Die Begutachtung zur Feststellung des Pflegegrades wird von bundesweit 15 regionalen Medizinischen Diensten durchgeführt. „Sie sollen sicherstellen, dass dies nach objektiven medizinischen Gesichtspunkten für alle Betroffenen gleichermaßen erfolgt“, so Engelen-Kefer, die den SoVD im Verwaltungsrat des Medizinischen Dienstes Bund vertritt. Bis zu den coronabedingten Einschränkungen erfolgten die Begutachtungen in der Regel durch persönliche Besuche im Wohnbereich der Pflegebedürftigen. Während der Pandemie wurden sie vielfach durch telefonische Befragungen ersetzt. Bei Folgebegutachtungen ist dies weiterhin möglich.
Nach dem im Juni dieses Jahres verabschiedeten Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) werden die Richtlinien des Medizinischen Dienstes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit angepasst. „Dabei haben wir als SoVD wesentliche Bedingungen für die pflegebedürftigen Menschen durchsetzen können“, stellt Engelen-Kefer fest. In erster Linie geht es darum, dass „Wunsch und Wahl“ der Betroffenen zum Verfahren einer Folgebegutachtung (persönlich im Wohnbereich, telefonisch oder digital) Vorrang haben. Dieses Wahlrecht muss den Pflege- bedürftigen und ihren Angehörigen verständlich mitgeteilt werden. „Aus Erfahrung wissen wir, dass bei einem Telefongespräch nicht immer wie bei einem persönlichen Besuch der tatsächliche Pflegebedarf deutlich wird“, so Engelen-Kefer.
Für den SoVD ist daher entscheidend, dass strukturierte Telefoninterviews von qualifizierten Gutachter*innen durchgeführt werden. Ob die für die Qualifikation vorgesehenen sechs Monate Erfahrung ausreichen und die Neuregelung des Begutachtungsverfahrens im Sinne der Betroffenen erfolgt, wird der SoVD genau beobachten.