Sicherlich haben viele von unseren Mitgliedern schon einmal eine Leistung, wie etwa ein Medikament oder ein Hilfsmittel bei der Krankenversicherung beantragt. Die Krankenversicherungen verfügen über einen sogenannten Leistungskatalog. Dieser ist gesetzlich im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) jedoch nur als Rahmenrecht vorgegeben. Das bedeutet, dass der Versicherte einen Anspruch auf eine ausreichende, bedarfsgerechte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende medizinische Krankenbehandlung hat.
Jetzt wird sich der kritische Leser vielleicht fragen: Ja, aber was bedeutet ausreichend und bedarfsgerecht? Konkretisiert wird der Leistungsanspruch nicht durch das Gesetz, sondern im Rahmen des Selbstverwaltungsprinzips von dem gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Neben Vertretern von Vertragsärzten und Krankenhäusern haben auch Vertreter von Organisationen der Patienten ein Mitberatungsrecht. Wir als Sozialverband Deutschland sind natürlich dabei. Wünschen würden wir uns natürlich ein noch stärkeres Mitspracherecht.
Was aber tun, wenn die beantragte Leistung zwar grundsätzlich vorgesehen ist, der Antrag jedoch abgelehnt wird? Grundsätzlich kann jeder Betroffene gegen jeden belastenden Bescheid der Krankenversicherung binnen eines Monats ab Zugang schriftlich Widerspruch erheben, wenn er damit nicht einverstanden ist.
Seit einiger Zeit ist uns vermehrt aufgefallen, dass dieses Recht nicht selten auf kreative Weise der Krankenversicherungen ausgehebelt wird.
Dies passiert, indem auf die Rechtsbehelfsbelehrung (Hinweis auf die Möglichkeit der Erhebung eines Widerspruchs) entweder gänzlich verzichtet wird oder sie so klein oder kryptisch daher kommt, dass sie leicht übersehen oder nicht verstanden wird.
Nicht selten enden Ablehnungsbescheide mit den Worten: „Haben Sie noch Fragen? Sprechen Sie uns gern an.“ Diese Floskel suggeriert, dass eine Entscheidung noch nicht getroffen wurde und dass noch Verhandlungsspielraum besteht. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn eine begehrte Leistung abgelehnt wurde und man sie dennoch zu erhalten wünscht, kann nur ein förmlicher Widerspruch helfen, ein noch einmal drüber reden oder eine Nachfrage leider nicht.
Manchmal findet sich die Rechtsbehelfsbelehrung (Hinweis auf die Möglichkeit des Widerspruchs) auch sehr versteckt in Schriftgröße sechs derart klein am Ende des Bescheides der Krankenversicherung.
Deshalb ist es geboten, die Schreiben der Krankenversicherung bis zum Ende und insbesondere auch das Kleingedruckte zu lesen.
Enthält ein ablehnendes Schreiben der Krankenversicherung überhaupt keine Rechtbehelfsbelehrung, gibt es aber eine gute Nachricht: Statt eines Monats kann man innerhalb eines Jahres ab Zugang des ablehnenden Schreibens Widerspruch erheben (§ 66 SGG).
Wenn Unsicherheiten bestehen, kann entweder rechtlicher Rat eingeholt werden oder es kann gegen belastende Entscheidungen einfach selbst Widerspruch erhoben werden. Dies sollte immer schriftlich erfolgen. Auch im Zeitalter der Emails empfehlen wir, den Widerspruch per Fax vorab einzureichen. Das hat den Vorteil, dass ein qualifizierter Faxsendebericht Ihnen einen Zugangsnachweis gewährleistet. Eine Email hingegen ist völlig wirkungslos und auch ein teurer eingeschriebener Brief bietet im Zweifel keinen Nachweis über den Inhalt.
Dass die Krankenversicherung gern vermeiden möchte, dass die Mitglieder Widerspruch erheben, ist nachvollziehbar, rechtfertigt aber nicht ihr Vorgehen bei den Rechtsbehelfsbelehrungen. Die diesbezügliche Praxis sollte dringend überarbeitet und im Sinne der Mitglieder angepasst werden.
Marijana Kolic
Syndikusrechtsanwältin