Werkstätten für Menschen mit Behinderungen verfestigen Ausgrenzung
Die UN stellt in regelmäßigen Prüfungen fest, inwieweit Inklusion in den Mitgliedstaaten tatsächlich umgesetzt wird. Für Deutschland wurde bei der letzten UN-Staatenprüfung, deren Ergebnisse im August 2023 vorlagen, herausgestellt, dass sich die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt verfestigt.
Dies zeigt sich auch in der anhaltend hohen und steigenden Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen trotz des von der Wirtschaft ständig beklagten Mangels an Arbeits- und Fachkräften und der überdurchschnittlich guten Qualifikation gerade bei Menschen mit Behinderungen.
Es werden von der UN grundlegende Reformen auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland angemahnt. Dazu gehören auch die Berufsausbildung und Arbeit in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM). Die Bundesarbeitsgemeinschaft für WfbM verzeichnet 700 Hauptwerkstätten an mehr als 3000 Standorten mit etwa 330 000 beschäftigten Menschen mit Behinderungen
Seit Jahren wird die niedrige Entlohnung in den WfBM besonders heftig kritisiert, zumal Werkstattbeschäftigte vielfältige Tätigkeiten im Auftrag privater und öffentlicher Arbeitgeber ausführen. Dafür wird den Werkstattbeschäftigten lediglich ein Taschengeld zwischen 200 und 300 Euro gezahlt. Damit bleiben sie in der Abhängigkeit von Sozialleistungen. Die in der UN-BRK geforderte eigenständige Existenzsicherung durch Arbeit ist somit nicht gegeben.
Deshalb muss die finanzielle und organisatorische Beteiligung der öffentlichen und privaten Arbeitgeber bei der Aufnahme von Menschen mit Behinderungen in die betriebliche Berufsausbildung, Weiterqualifizierung und Arbeit verstärkt werden.
Ein wesentliches Problem sind der Nachteilsausgleich bei der Rente sowie der Mangel an Arbeitslosenunterstützung und Kurzarbeitergeld. Werkstattbeschäftigte erhalten bereits nach 20 Jahren Ansprüche auf Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente von 80 % der durchschnittlichen Rentenleistungen. Menschen mit Behinderungen haben bereits auf Grund ihrer Behinderung erhebliche Nachteile bei Berufsausbildung, Arbeit und Lebensbedingungen zu erleiden, so dass derartige Nachteilsausgleiche bei den Sozialleistungen gerechtfertigt sind.
Werkstätten für Menschen mit Behinderungen sollten auf Rehabilitation beschränkt werden
Die Zielsetzung der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen muss eine inklusive Ausbildung und Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt sein, soweit nach Art und Grad der Behinderung möglich, sowie eine Übertragung in Integrationsbetriebe, also mithin in reguläre Arbeitsverhältnisse mit Mindest- oder Tariflohn. In der Praxis gelingt nur in wenigen Fällen der Übergang in den regulären Arbeitsmarkt, vielmehr besteht ein krasses Missverhältnis von einem Drittel der Beschäftigten, die den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt wünschen, und nur 0,35 %, die dies tatsächlich erreichen.
Handlungsperspektiven für Inklusion in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung
Die Berufsausbildung ist aus den Werkstätten für Menschen mit Behinderung auszulagern. Dies erfordert geeignete Maßnahmen für die Berufsberatung sowie die Qualifizierung der Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit (BA) und in den Berufsbildungszentren der BA.
Nach der Ausbildung ist der direkte Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt zu verstärken und nicht wie derzeit ein Zugang in die WfBM zu erfolgen. Für Menschen mit besonders schwerwiegenden Behinderungen ist auch in Zukunft eine Ausbildungsmöglichkeit in den WfbM vorzusehen.