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Pflegenotstand erfordert “Zeitenwende” in der Pflegepolitik

Aktuelles

Die 7. Woche der pflegenden Angehörigen findet vom 25. Mai bis 1. Juni 2024 in Berlin statt. In den Berliner Bezirken gibt es ein umfangreiches Programm mit vielfältigen Veranstaltungen. Ziel ist es, sich gemeinsam auszutauschen, eine entspannte Auszeit von der Pflege zu nehmen, Pflegende zu entlasten und ihnen Wertschätzung entgegenzubringen.

Ursula Engelen-Kefer, Landesvorsitzende, mit Ina Czyborra, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege.

“Als SoVD setzen wir uns durch Sozialberatung, Informationsaustausch und politische Einflussnahme für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen ein. Angesichts des sich zuspitzenden Pflegenotstandes ist uns weniger zum Feiern als zum Suchen und Durchsetzen von Lösungen zumute. Die Zeitenwende muss endlich auch in der Pflegepolitik eingeleitet werden", stellt SoVD-Landesvorsitzende Ursula Engelen-Kefer fest. 

Skandal hohe Zuzahlungen, zu wenig Personal, Kommerzialisierung stoppen

Die Menschen in Berlin sind aufgrund der im Bundesvergleich außergewöhnlich hohen Altersstruktur sowie niedriger Einkommen und Renten besonders betroffen. Die skandalös steigenden Zuzahlungen in Pflegeheimen von durchschnittlich 2.700 Euro im Monat sind für viele Pflegebedürftige nicht zu leisten, die Renten reichen dafür nicht aus. Zudem fehlt es überall an Personal in den Pflegeheimen, was zu einer hoffnungslosen Unterbesetzung zu Lasten der Pflegebedürftigen und zu Einschränkungen bei Neuaufnahmen führt.

Der Kommerzialisierung der Pflege durch die Übernahme von Pflegeheimen durch in- und ausländische Investoren muss dringend Einhalt geboten werden. Nicht Qualität und Bezahlbarkeit der Pflege stehen im Vordergrund, sondern die Rendite für die oft anonymen Investoren.

Darüber hinaus ist die Politik gefordert, ein faires und auskömmliches Einkommen für Pflegekräfte sowie humane und familienfreundliche Arbeitsbedingungen durchzusetzen und den Wildwuchs in der Pflegeausbildung zu beseitigen, um Pflegekräfte zu gewinnen. In Berlin werden die Kosten für die schulische und betriebliche Ausbildung sowie die Ausbildungsvergütungen inzwischen von einem Ausbildungsfonds getragen, der von Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und der Stadt finanziert wird.

Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu einer solidarischen Vollversicherung 

Die Kosten für Pflegeheime explodieren und immer mehr Pflegebedürftige sind auf Sozialhilfe angewiesen, weil die soziale Pflegeversicherung (SGB XI) seit ihrer Einführung 1995 nur als "Teilkaskoversicherung" konzipiert ist und viele Pflegeleistungen von den Versicherten selbst getragen werden müssen.

Die Pflegeversicherung muss zu einer solidarischen Vollversicherung mit Sachleistungscharakter weiterentwickelt werden. Grundlegend ist zudem eine Bürgerversicherung als einheitliches Versicherungssystem, in das alle Bürger*innen einzahlen. Eine Pflegevollversicherung übernimmt die im Einzelfall notwendigen Aufwendungen für Pflege, Betreuung und Teilhabe und sichert damit das Pflegerisiko vollständig ab. Sie umfasst alle notwendigen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Pflege- und Betreuungsleistungen. Die Kosten trägt die Solidargemeinschaft. 

Mehr Unterstützung für pflegende Angehörige und konkrete Angebote 

Eher im Verborgenen wird der größte Teil der Pflegeleistungen von Angehörigen erbracht. In Berlin sind es rund 250.000 pflegende Angehörige, die in ihren Familien die harten Pflegeleistungen erbringen. Sie werden dort zum überwiegenden Teil von Angehörigen, Freund*innen oder auch anderen nahestehenden Personen versorgt und erhalten persönliche Zuwendung, vielfach rund um die Uhr.

Schon heute ist klar, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in Berlin weiter stark ansteigen wird, von rund 185.000 auf weit über 200.000 in den nächsten fünf Jahren. "Die Woche der pflegenden Angehörigen muss diese Probleme und Maßnahmen zu ihrer Lösung in den Mittelpunkt stellen", mahnt SoVD-Landesvorsitzende Engelen-Kefer.

Pflegende Angehörige brauchen Auszeiten und auch geschützte Räume, in denen sie sich mit Gleichgesinnten treffen und austauschen können. Die angeleitete Gruppe des SoVD Berlin-Brandenburg ist ein solcher Ort. Hier können Angehörige Wege zur Selbstfürsorge und den eigenen Bedürfnissen wiederentdecken. Auch der Austausch von nützlichen Tipps und Informationen kommt nicht zu kurz. 

Die regelmäßigen Treffen sind offen für alle Mitglieder und SoVD-Interessierte. Es sind noch Plätze frei, einfach anmelden und vorbeikommen! Anmeldung direkt bei Gabriele Schönfeld, Tel. 0176 32727006. 
Ort: SoVD-Landesgeschäftsstelle, Kurfürstenstr. 131, 10785 Berlin. Barrierefreier Zugang Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße 12. 

Die zentralen Veranstaltungen zur Woche der pflegenden Angehörigen 2024 in den Bezirken finden Sie hier.